Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert in Deutschland das grundlegende Recht auf Meinungsfreiheit:
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Doch trotz dieser klaren Aussage erleben wir heute eine neue Form der Zensur. Sie tritt nicht mehr in der klassischen, staatlich angeordneten Form auf, sondern wird oft unter dem Deckmantel der Bekämpfung von „Desinformation“, „Misinformation“ oder „Malinformation“ ausgeübt. Dabei entscheiden lizensierte Stellen, was als „richtige“ Information gilt und was nicht – und das häufig mit erheblichen politischen und gesellschaftlichen Implikationen.
Die neue Zensur: Unter dem Deckmantel des „Schutzes“
Staatliche Einrichtungen sowie private Organisationen, die oftmals durch staatliche Unterstützung oder Finanzierung legitimiert werden, entscheiden zunehmend darüber, welche Informationen verbreitet werden dürfen und welche nicht. In vielen Fällen handelt es sich um Organisationen, die in Kooperation mit der Regierung oder politischen Akteuren arbeiten und deren Einflussnahme auf die öffentliche Meinung legitimiert ist.
Diese Praxis wird häufig als „Outsourcing von Zensur“ bezeichnet. Statt dass die Regierung direkt in die Informationsverbreitung eingreift, werden diese Aufgaben auf private Organisationen und Plattformen ausgelagert, die durch Gesetze und politische Förderungen gefördert werden. Diese Entfremdung von der direkten staatlichen Kontrolle hat zur Folge, dass Zensur heute nicht mehr öffentlich wahrnehmbar ist und gleichzeitig die Meinungsfreiheit der Bürger in subtile Weise eingeschränkt wird.
Wie funktioniert die Zensur im 21. Jahrhundert?
Die Zensur erfolgt heute oft nicht mehr in Form offener Verbote oder Verhaftungen, sondern durch die Kontrolle und Filterung von Informationen, die über Medien, soziale Netzwerke oder andere Kommunikationskanäle verbreitet werden. Regierungen oder private Organisationen können Inhalte durch Algorithmen oder manuelle Prüfungen kennzeichnen, einschränken oder löschen. Dies passiert häufig mit dem Argument, „falsche“ oder „gefährliche“ Informationen zu verhindern.
Ein besonders heikles Problem tritt auf, wenn es darum geht, was als „Desinformation“ oder „Misinformation“ klassifiziert wird. In vielen Fällen fehlt es an klaren und objektiven Maßstäben, und die Beurteilung von Informationen kann politisch und ideologisch gefärbt sein. Wenn diese Macht in den Händen weniger Organisationen liegt, entsteht die Gefahr einer Verzerrung der öffentlichen Meinung und einer Manipulation der Informationsflüsse.
Die Gefahr für die Demokratie
Die Meinungsfreiheit ist das Fundament einer funktionierenden Demokratie. Wenn diese Freiheit durch Zensur, auch in ihrer modernen Form, eingeschränkt wird, gefährdet dies die pluralistische und offene Gesellschaft. Die Entscheidung darüber, welche Informationen die Bürger erreichen und welche nicht, liegt zunehmend in den Händen von wenigen – meist nicht gewählten – Akteuren, was die Transparenz und die öffentliche Kontrolle untergräbt.
Es entsteht eine Gesellschaft, in der die Menschen nicht mehr ungehindert auf die vielfältigen Informationen zugreifen können, die für eine informierte Entscheidungsfindung erforderlich sind. In einer solchen Gesellschaft wird es immer schwieriger, eine differenzierte, freiheitliche Debatte zu führen.
Fazit: Zensur ist Zensur – egal unter welchem Namen
Auch wenn die Zensur heute subtiler und oft unter dem Deckmantel des „Schutzes vor Desinformation“ daherkommt, bleibt es Zensur. Der Eingriff in die Meinungsfreiheit, der durch die Kontrolle und Filterung von Informationen ausgeübt wird, ist genauso problematisch wie die Zensur vergangener Zeiten – wenn auch auf andere Weise.
Die freie Äußerung von Meinungen und der ungehinderte Zugang zu Informationen sind grundlegende Rechte, die nicht leichtfertig eingeschränkt werden dürfen. Es ist entscheidend, wachsam zu bleiben und dafür zu kämpfen, dass diese Rechte in einer sich verändernden Medienlandschaft weiterhin geschützt werden. Denn in einer freien Gesellschaft muss die Entscheidung über die Wahrheit nicht von einer kleinen Gruppe von „Wahrheitswächtern“ getroffen werden, sondern bleibt dem freien Austausch der Ideen und der öffentlichen Diskussion vorbehalten.